Übrigens: mit der Septemberausgabe hat flair ein Malbuch herausgegeben, in dem die flair Modestrecken zum Ausmalen enthalten waren:
Interview mit Johanna Basford zum Mal-Trend – Die Königin der Malbücher
flair brachte im September ein Malbuch raus, indem man erstmalig unsere Modestrecken ausmalen konnte. Der Hype geht weiter – flair sprach mit Malbuch-Illustration Johanna Basford über die wundersame Wirkung des Ausmalens
Text: Siems Luckwaldt
Die schottische Illustratorin Johanna Basford ist die Königin der Malbücher. Mit ihrem Debüt „Secret Garden“, das sich bisher über zwei Millionen Mal verkaufte, löste sie einen weltweiten Boom aus. Heute schwingen so viele Erwachsenen wie nie den Bunt- oder Filzstift, um sich künstlerisch zu entfalten oder einfach meditativ abzuschalten. Flair traf die 33-jährige Bestseller-Zeichnerin, deren nächstes Werk „Johanna’s Christmas“ heißen wird, während des „Adult Colouring Creative Lunch“ von Staedtler in Hamburg und sprach mit ihr über Kreativität, Kindheitserinnerungen – und Haie.
Johanna Basford, wie fühlt es sich, an Art J.K. Rowling der Malbücher zu sein?
Das ist ein wirklich großes Kompliment! Tatsächlich inspiriert mich ihre Geschichte sehr. Sie arbeitet nicht nur hart, sondern hatte auch noch eine Vision, die sie stets mit ganzer Leidenschaft verfolgt hat. Das hat mir gezeigt, wie unwichtig es ist, woher du kommst und was du auf diesem Weg mitbringst. Wichtig ist, dass du eine blühende Fantasie und einen starken Charakter hast. Und natürlich eine Aufgabe, die dich glücklich macht. Einen Job, bei dem du schon morgens denkst: Ich kann es gar nicht abwarten, zu beginnen!
Wie kamen Sie auf die Idee, ausgerechnet Malbücher für Erwachsene zu veröffentlichen?
Da ich kein Geld hatte und mir aus diesem Grund auch keine farbigen Stifte leisten konnte, habe ich mich während meines Kunst-Studiums am Duncan of Jordanstone College of Art and Design auf Schwarz-Weiß-Illustrationen konzentriert. Not macht eben erfinderisch. Nach meinem Abschluss wurden größere Firmen wie Starbucks, Absolute Vodka und Nike auf mich aufmerksam. Sie wollten, dass ich ihre Webseiten und Verpackungen mit meinen Zeichnungen schmückte. Dabei hörte ich oft den Kommentar, wie gern jemand diese mit bunten Farben ausmalen würde. Als ein Verleger mir schließlich anbot, ein Malbuch für Kinder herauszubringen, dachte ich eher an eines für ältere „Kinder“. Das war vor fünf Jahren und damals interessierte sich niemand für „Adult Colouring“. Wer will schon mit 20 oder 30 noch Disney-Prinzessinnen ausmalen, dachten alle? Deshalb ist mir der elegante, erwachsene Stil meiner Bücher so wichtig. Illustrationen, die auch eine Parfümschachtel oder eine Handtasche zieren könnten. Statt sich kindisch vorzukommen, fühlt man sich beim Ausmalen wie eine richtige Künstlerin.
Was hast Sie dir von deinem ersten Gehalt für das Buch „Secret Garden“ gekauft?
Das ist eine wirklich gute Frage! Ich muss sagen, dass weiß ich leider gar nicht mehr so genau. Vermutlich habe ich Steuern zurückgezahlt. Eine ziemlich langweilige Art, um sein Geld auszugeben. Außerdem habe ich mir natürlich neue Stifte gekauft.
Was inspiriert Sie zu Ihren Büchern?
Die Natur! Für mich gibt es einfach nichts Vergleichbares, nichts, was so vielfältig ist. Wenn ich einen verwilderten Garten oder einen dichten Urwald sehe, frage ich mich sofort: Wie ist er gewachsen, wer mag darin leben – und wer baut sich wohl gerade ein neues Heim zwischen all den Blumen, Pflanzen und Bäumen? Morgens finde ich es besonders schön, Blüten anzuschauen, die sich über Nacht geöffnet haben. Das ist pure Magie!
Wie lange brauchen Sie für eine Illustration?
Für jede Seite in meinem Buch ungefähr einen bis drei Tage. Was natürlich immer davon abhängt, wie schnell mir eine Idee entwickeln und zu Papier bringen kann. Manchmal reicht es glücklicherweise schon, einfach nur vor dem Schreibblock zu sitzen. Bis ich ein ganzes Buch gezeichnet habe, vergehen rund fünf Monate.
Was macht das Ausmalen schwarz-weißer Vorlagen so wohltuend?
Ich denke, dafür gibt es einige Gründe. Das wichtigste Stichwort ist sicherlich: Digital Detox. Malbücher stimulieren unsere Kreativität ganz ohne Bildschirm und Herumgetippe auf einer Tastatur. Ungestört von Internet, Social Media und diesem ganzen Kram. Gleichzeitig ist Ausmalen herrlich nostalgisch, es weckt Erinnerungen an eine hoffentlich sorglose Kindheit. Beim Malen gibt es auch kein richtig oder falsch. Oder haben Sie schon mal kleine Mädchen oder Jungen gesehen, wie sie mit dem Stift in der Hand voller Selbstzweifel auf ein leeres Blatt starren? Die malen einfach drauf los.
Malt Ihr Mann [der Craft-Beer-Unternehmer James Watt, d. Red.] eigentlich auch gern?
Ja! Er mag sehr gerne Haie, deswegen gibt es in meinem vorletzten Malbuch „Lost Ocean“ auch eine ganze Doppelseite mit diesen faszinierenden Fischen. Seit wir eine kleine Tochter haben, ist das gemeinsame Malen sogar zu einer richtigen Familienaktivität für uns geworden. Während Evie ihre motorischen Fähigkeiten ausbaut unterhalte ich mich mit James und ihr, zum Beispiel über Farben. Evie mag Zebras sehr gern. Wenn ich die Tiere zeichne sehen sie leider immer etwas merkwürdig aus …
Steckt in jedem von uns ein Künstler?
Definitiv! Jeder von uns hat ganz individuelle Talente und Fähigkeiten. Ich könnte beispielsweise kein einziges Porträt zeichnen, dafür aber Tausende von Blumen. Es ist wichtig, etwas zu finden, was einem wirklich Spaß macht. Bei mir ist es die Natur, dagegen sind mir Brücken und sonstige Architektur ziemlich egal. Vor allem: Vergleichen Sie sich nicht mit anderen, seien Sie einfach Sie selbst. Und malen Sie unbedingt auch mal über die Linien hinaus!
Haben Sie ein Lieblingsbild?
Ich denke bei jeder Arbeit immer: Das ist jetzt mein vollkommenstes Werk. Auf mein aktuelles Buch „Magical Jungle“ bin ich zum Beispiel mächtig stolz. Es verkörpert alles, was ein Malbuch für Erwachsene ausmacht. Es ist funktional, aus luxuriösem Papier gefertigt und voller wundervoller Zeichnungen. Doch mein wichtigster Antrieb ist, wie für alle kreativen Menschen, dass meine beste Arbeit noch vor mir liegt.