flair im Gespräch mit Margo Marrone, Gründerin der Marke „The Organic Pharmacy“
Die Londonerin Margo Marrone gilt mit der Gründung ihrer Marke The Organic Pharmacy als Pionierin von ganzheitlicher Naturkosmetik auf Luxusniveau. Für alle Produkte gelten die gleichen Prinzipien: Statt Mineral- kommen Pflanzenöle zum Einsatz, die Farben stammen von Pflanzen und Kräutern, natürliche Konservierungsstoffe ersetzen Parabene und essenzielle Öle und nicht synthetische Parfüms beduften die Texturen.
Interview: Siems Luckwaldt Fotos: PR
Als Marrone 2002 die Grundsteine für ihr Unternehmen legte, mit der Eröffnung eines kleinen Ladens auf der Kings Road, dachten viele Kunden beim Wort „organic“ noch an Getreidemühlen, selbst angerührte Quarkmasken und Jesuslatschen. Die studierte Apothekerin sorgte sich stattdessen um ihre heute 16-jährige Tochter Roksana, auf deren (Baby-)Haut sie keine möglicherweise schädlichen Chemikalien auftragen wollte. Nur gab es im Mainstream-Handel kaum Alternativen, die sie reizten. Nicht nur was die Auswahl ihrer Duftöle betraf hatte Marrone den richtigen Riecher, sie sicherte sich mit ihrem damaligen Mut auch gleich noch die Pole Position einer „grünen“ Trendbewegung, die aktuell weltweit immer mehr Anhänger findet. Der 360-Grad-Ansatz von The Organic Pharmacy aus natürlicher Pflege, Homöopathie und Kräutermedizin gefällt auch Stars wie Gwyneth Paltrow, Beyoncé, Jessica Alba und Anne Hathaway.
„Mein absoluter Glückstipp sind Liebe und Sport. Gern auch zusammen“
Für flair traf Siems Luckwaldt die energiegeladene 50-Jährige anlässlich des Launch-Events ihres neuen Anti-Aging-Produktes „Rose Diamond Face Cream“ im ebenfalls neuen Hamburger In-Restaurant Hensslers Küche – direkt an der Elbe.
Ihre Begeisterung für Heilkräuter, selbstgemixte Tees und Tinkturen begann, als Sie mit 15 in einer Apotheke jobbten. Keine alltägliche Wahl. Warum falteten Sie keine Pullis bei The Gap oder wendeten Burger bei McDonald’s? Stimmt, das hätte ich auch tun können. Aber schon damals hatte ich mich entschieden, dass ich Apothekerin werden wollte. Ich wuchs bis zu meinem zehnten Lebensjahr in Teheran auf, kam Ende der 1970er nach London. Und für iranische Familien wie unsere sind eine ausgezeichnete Bildung immens wichtig. Jungs wie Mädchen werden diesbezüglich stark von ihren Eltern motiviert. So auch ich. Und im Iran gibt es eigentlich nur fünf mögliche Top-Karrieren: Arzt, Apotheker, Anwalt, Zahnarzt oder Ingenieur. Ein weiterer Grund für meine Berufswahl war der Basar. Wann immer ich krank war, gingen meine Mutter oder Großmutter mit mir zu einem Kräuterkundler, der verschiedene geheimnisvolle Zutaten zu einem Tee oder einer Salbe mischte. Ich liebte das und erinnere mich gern daran. Die Rose, vom Öl bis zu den Blättern, war dabei immer wichtig, wie für die ganze iranische Kultur. Das war natürlich noch zu Zeiten des Schah, in den Siebzigern, und in meinem Erleben eine fantastische Zeit, um im Iran zu leben. Es war viel offener, liberaler als heute.
Wo hatte eigentlich ihr Unternehmergeist seinen Ursprung? Alle Iraner sind Entrepreneurs, extrem geschäftstüchtig und kreativ. Die ganze Nation wird davon durchströmt. Ich habe auch als Angestellte in Drugstores gearbeitet und es hat mich völlig fertig gemacht. Es löschte meine innere Flamme aus.
2002 gründeten Sie gemeinsam mit Ihrem Mann Francesco, einem Grafikdesigner, The Organic Pharmacy. Welchen Moment dieser ersten Zeit werden Sie nie vergessen? Das war als eine Kundin mir sagte, dass unsere Produkte sie durch ihre Brustkrebs-Therapie begleitet und dabei unterstützt hätten. Die Erinnerung daran verschlägt mir bis heute die Sprache, denn genau das war mein Wunsch. Eine Marke aufzubauen, die das Leben von Menschen positiv beeinflusst. Im Business selbst war ein „Yes“-Moment sicherlich, als der Gründungskredit bewilligt wurde, den wir auf unser Haus aufgenommen hatten. Nach zahllosen Absagen von Banken sah sich eine Beraterin meinen recht simplen 3-Jahres-Plan an und gab ihr Okay. Jahre später, als unsere Firma bereits fantastisch lief, traf ich diese Frau zum Lunch. „Verraten Sie mir bitte, warum Sie mir damals den Kredit gaben“, sagte ich zu ihr. Und erfuhr, dass ihre Bank pro Jahr ein eher riskantes Unternehmen förderte, an dessen Gründer oder Gründerin sie glaubten. So wie ein Anwalt gelegentlich einen Mandanten umsonst vertritt, pro bono. Tja, das waren wir. „Ich verstehe nichts von dem was Sie machen“, fügte sie hinzu, „aber ich habe Ihren Willen, Ihre Entschlossenheit und Energie gespürt. Und mich nicht getäuscht.“ In den ersten sechs Monaten ist man noch so unsicher, dass es fast jeden Tag Augenblicke gibt, wo einem der Schweiß auf die Stirn tritt. Einer davon war ein Buchhalter, der mir dringend empfahl, doch lieber als Angestellte in einer Drogerie arbeiten, da würde ich mehr Geld verdienen. Er dachte, ich würde mit Bausch und Bogen in wenigen Wochen untergehen. Und versuchte alles, um mir in dieser Zeit noch möglichst viel Geld abzunehmen …
Welche Tipps würden Sie gern an andere Gründerinnen weitergeben? Zunächst: Hören Sie allen Menschen in Ihrem Umfeld sehr gut zu. Sie werden sich zu Anfang ohnehin kaum vor gut gemeinten Ratschlägen retten können. Doch am Schluss lauschen Sie ihrer inneren Stimme, vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl. Es ist final Ihre Entscheidung und Sie kennen hoffentlich Ihr Business am besten. Umgeben Sie sich außerdem mit einem erstklassigen Team, denn Sie können nicht alles allein machen. Und schließlich: Hören Sie auf Ihre Kunden, vor allem in den ersten Jahren, in denen Sie noch reichlich umdenken und Dinge verändern werden.
Gibt es andere Start-up-Ladys, die Sie bewundern? Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, Sahar Hashemi kennenzulernen, die mit ihrem Bruder Coffee Republic gegründet hat, von ihrem Küchentisch aus. Später startete sie zudem Skinny Candy und schrieb zwei Bücher über modernes Unternehmertum. Was mir an ihr so imponiert: Alles, was sie sagt, stimmt. Beispielsweise: „Als wir unsere Firma verkauften, fühlte ich mich, als hätte ich ein Kind verloren.“ Ich habe selten eine so authentische Frau getroffen.
Das neueste Produkt Ihrer Marke ist „Rose Diamond Face Cream“. Wie lautet der 30-Sekunden-Pitch dafür, sollten Sie einen Investor im Lift treffen? Feuchtigkeitsspendend. Echte Resultate. Anti-Aging. Das war sogar schneller. Ich wollte eine Creme entwickeln, die wirklich wirkt. Denn wenn wir älter werden, brauchen wir ein Produkt, das vor allem Feuchtigkeit in die Haut zurückbringt und die Elastizität. Trotz ihres romantischen Namens ist die Creme voll mit Hightech. Darin stecken: Essenzen der persischen Rose, Hyaluronsäure, Omega-3-Ceramide, Hibiskusextrakt und Polysacharide aus Leinsamen. Als Finish noch feiner Diamantstaub, der die Haut luxuriös schimmern lässt.
Das Konzept von The Organic Pharmacy setzt neben hochwertigen Zutaten und innovativen Formeln auf das 4-Schritte-Ritual. Führen Sie uns kurz hindurch. Step 1 ist die Reinigung, am besten mit einem Musselin-Tuch, damit abgestorbene Hautschüppchen sanft entfernt werden und die Wirksamkeit der später aufgetragenen Produkte nicht behindern. Step 2: Feuchtigkeit, etwa mit einem Toner. Step 3: Reparieren mit einer Antioxidant-Creme. Und Step 4: Eine Tagescreme, die den Feuchtigkeitsverlust stoppt. Eine Nachtcreme braucht Frau in meinen Augen nicht zwingend.
Welche Beauty-Zutat stimmt Sie gerade richtig euphorisch? Meine derzeitige Obsession sind Astragalus, ein chinesisches Heilkraut, und Kurkuma. Ich habe daraus ursprünglich eine Formel für Krebspatienten gemischt, die eine Chemotherapie oder Strahlentherapie durchmachen müssen. Es schützt mit Antioxidantien, hat eine anti-virale Wirkung, lindert Entzündungen und unterstützt das Immunsystem. Ich weiß nicht, ob es das next big thing wird, aber mich begeistert diese wirkungsvolle Kombination sehr. In der Kosmetik arbeiten wir an einer Augencreme, die nicht nur Schwellungen unter dem Auge abklingen lässt sondern auch das Lid strafft.
In einem Interview haben Sie kürzlich über „Unterarm-Detox“ gesprochen. Können Sie kurz erläutern was um Himmels Willen das ist? Warum fragt mich bloß jeder danach? Ich hatte darüber noch nie Gedanken gemacht, bis eine US-Journalistin mich zu meinen Tipps zum „Achsel-Entgiften“ befragte. Nach längerem Grüben fiel mir dann auf: „Hm, gar nicht so aus der Luft gegriffen.“ Schließlich haben wir unter den Armen etliche Lymphgefäße und tragen dort viel auf: Deos, vielleicht noch mit Aluminiumsalzen, Cremes nach dem Rasieren und so weiter. Eine pflanzenbasierte Ernährung entgiftet diesen Bereich und den ganzen Körper wunderbar. Auch das Bürsten mit einem sanften Waschgel beim Duschen entschlackt oder danach mit einem hochwertigen Öl. Das ist ein tolles, verjüngendes Work-out für die Haut. Immer zum Herzen hin, von den Füßen hoch und von den Händen zur Brust. Wir haben auch eine Bürste im Programm, die Gwyneth Paltrow liebt – und die sich seither fantastisch verkauft.
Was hält die Zukunft für The Organic Pharmacy bereit? Ich würde unser in den letzten 14 Jahren gesammeltes Wissen gern in einem Buch bündeln, gerade für Frauen in meinen Alter. Anti-Aging ohne Skalpell und Filler, also gut aussehen, nicht unnatürlich oder gar von OPs entstellt. Das wäre ein tolles nächstes Projekt. Mein absoluter Glückstipp sind Liebe und Sport. Gern auch zusammen.
Margo Marrone, Sie reisen für Ihre Marke extrem viel. Wie halten Sie und vor allem Ihre Haut das aus? Viel trinken und Cremes und Toner mit reichlich Feuchtigkeit verwenden – das sind und bleiben die Klassiker. Ich finde außerdem wichtig, dass man sich unterwegs beauty-technisch nicht unnötig einschränkt. Nehmen Sie ruhig alles mit, was Sie auch daheim gern verwenden, statt bloß ein Stück Seife und eine Zahnbürste. Wenn Sie reisen, vor allem in den Ferien, dann ist das Ihre Zeit und Sie sollten sich dieses bisschen Liebe und Verwöhn-Luxus im Beauty Case schenken. Als Nahrungsergänzungmittel nehme ich immer ein Super-Antioxidant-Produkt und ein Probiotik-Präparat mit. Safe travels.