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Duftkritiker Chandler Burr im Interview

Parfums können Kunstwerke sein – das beweist die Ausstellung The Art Of Scent in New York. Hinter der olfaktorischen Ausstellung steckt der Duftkritiker Chandler Burr. In seinen Büchern und New York Times Kolumne analysiert er Düfte – sein Urteil kann über Erfolg oder Niederlage entscheiden. Klar, dass er aber nur Meisterwerke ins Museum holt. 12 Kreationen, darunter Angel und Margielas' Untitled, sind zu riechen. Wir finden, die Ausstellung ist Grund genug für einen kleinen NYC-Trip! FLAIR sprach mit Chandler Burr.

von Laura Dunkelmann (Interview)

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Der Duftkritiker Chandler Burr: FLAIR sprach mit ihm über "The Art Of Scent"

In New York haben Sie eine Duft-Ausstellung für eben diese Meisterwerke kuratiert. Parfums sind selten im Museum zu „riechen“. Worum gehr es in ihrer Ausstellung?

So etwas wurde auch noch nie zuvor gemacht. Aber ich habe ja nicht nur einfach Düfte ins Museum gepackt. Ich präsentiere in einem passenden Rahmen gezielt olfaktorische Kunstwerke, die auf dem Massenmarkt erhältlich sind. Und das gab es noch nie. Das Konzept zu erstellen war überhaupt nicht schwer, weil ich genau wußte was ich da machen wollte. Die Technik ist allerdings kompliziert und ich habe die Finanzierung komplett selbst in die Hand genommen. Glücklicherweise habe mehrere große Firmen gefunden, die mich unterstüzten. Unter anderem Procter & Gamble Prestige, Chanel, Guerlain, Hermès, Diptyque, IFF, WFFC. Mein Ziel ist, der Parfümeurskunst einen Platz in der allgemeinen Kunstgeschichte einzuräumen, neben allen anderen Kunstarten. Parfümeurskunst ist interpretierbar und zu verstehen, und mit den gleichen Vokabeln wie alle anderen Kunstarten zu beschreiben – es gibt Impressionismus, abstrakte Kunst, Post-Modernismus, Luminismus, Surrealismus und so weiter.

Kann man heute in einer normalen Parfümerie Kunstwerke kaufen?

Ja das geht. Was an Nischendüfte interessant ist, dass diese Parfümeure mehr Risiken eingehen können. Und das machen sie auch. Aber das Unternehmen Clarins (Hermès) beispielsweise geht mit seinen Düften auch große Risiken ein und dafür bewundere ich sie sehr. Hermès arbeitet ja exklusiv mit Jean-Claude Ellena, einem großartigen Parfumeur. Natürlich sind diese Düfte nicht für jeden geeignet, aber sie bringen echte Innovationen auf den Markt und wagen was. Tom Ford's Parfums sind ebenfalls gewagt und neu.

Was bewundern Sie an Jean-Claude Ellena besonders?

Er ist ein besonderer Künstler. Es gibt viele gute Künstler, die einen einzigen Stil haben und auch interessante Sachen machen. Für mich ist Ellena das ideale Beispiel für einen Olfactory Artist. Ich würde sogar sagen, dass seine Werken einen riesigen Einfluss auf die gesamte Entwicklung der Parfümers-Kunst haben. In seiner Entwicklung hat er gezeigt, das er technisch sowie ästhetisch ein echter Erfinder ist, der das Medium „Parfum“ neu erfunden hat. Er hat ein ungeheures Talent, deshalb kann er auch in vielen Stilen kreieren, was extrem selten der Fall bei Parfümeuren – bzw. „Olfactory Artists“ ist – ich finden diesen Ausdruck viel passender.Viele Künstler arbeiten in einer Stilrichtung, David Hockney hat seinen Stil, Bok seinen Stil und Ellena ist extrem vielfältig. 

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Große Künstler: Aimé Guerlain (Jicky), Ernest Beaux (Chanel No. 5), Jean-Claude Ellena (Hermès), Daniela Andrier (Margiela Untitled)

Waren Sie versucht, einmal selbst zum Parfumeur zu werden?

Nein, niemals. Dafür gibt es viele Gründe – aber ich will es auch einfach nicht. Ich will es einfach nicht machen, ich möchte lieber andere unterstützen und ihre Kunst verbreiten und der Öffentlichkeit zeigen, das Duft genauso so eine Kunst ist wie die Malerei oder Musik. Das ist meine Rolle. 

Vom 13.11. - 24.2. läuft im New Yorker Museum of Arts and Design die von Chandler Burr kuratierte Ausstellung „The Art Of Scent“ - eine der erste „Duft-Ausstellungen“, bei der es nur um den Geruch erlesener Parfums geht.

03.01.2013